Urban Mining- von Müllbergen zu Goldgruben
Knappe Rohstoffe stehen einer wachsenden Bevölkerung gegenüber, die mehr Wohnraum benötigt. Das Ergebnis: Baustellen, die Lärm verursachen, gleichzeitig Unmengen an Ressourcen verbrauchen und Schutt produzieren. Damit ist es höchste Zeit, dass die Baubranche einen verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen realisiert. Wie kann Kreislaufwirtschaft in der Bauindustrie funktionieren?
#1 Bauen mit Müll: Ressourcen schonen durch Urban Mining
Sehen wir den Tatsachen ins Auge: Das Netto-Abfallaufkommen in Deutschland beträgt jährlich rund 325 bis 350 Millionen Tonnen. Laut Umweltbundesamt sind davon rund 60 Prozent auf Bau- und Abbruchabfälle sowie Straßenaufbruch zurückzuführen. Um den Abfall in der Bauindustrie zu reduzieren, soll ein Denkmodell Abhilfe schaffen: Urban Mining. In Gebäuden, in der Infrastruktur und in Produkten lagern tonnenweise (Sekundär-) Rohstoffe. Diese sollen systematisch erfasst werden, um eine Rückgewinnung zu ermöglichen, statt immer wieder neue Materialien abzulagern und in Wohnhäusern zu verbauen.
#2 Bauen mit Müll: Wiederverwertbares Wohnmodul für die Forschung im NEST
Statt Baumaterial zu verbrauchen, wird es für einen gewissen Zeitraum genutzt und anschließend in den natürlichen Kreislauf zurückgeführt. Dieses nachhaltige Modell wurde in dem modularen Forschungs- und Innovationsgebäude „Urban Mining and Recycling (UMAR)“ umgesetzt. Das Gebäude wurde am 8. Februar in der Schweiz eröffnet, auf der Plattform Next Evolution in Sustainable Building Technologies (NEST), wo das Wohnmodul unter realen Bedingungen getestet und verbessert werden kann.
Die Konzeption von Werner Sobek, Dirk E. Hebel und Felix Heisel setzt neue Maßstäbe: Das Wohnmodul wurde aus Müll gebaut und soll gleichzeitig auch keinen Abfall produzieren. Ziel ist es, nicht nur mehr Wohnraum für künftige Generationen zu schaffen, sondern auch ein Materiallager. Durch Testen unter realen Bedingungen kann das Wohnmodul die Bauindustrie in Richtung Kreislaufwirtschaft lenken, in der eingesetzte Rohstoffe über ihren Lebenszyklus hinaus wieder in die Produktion zurückgelangen.
#3 Bauen mit Müll: Tragwerk und Fassade aus unbehandeltem Holz
Alternative Konstruktionsmethoden und die Mehrfachnutzung von Materialien setzen den Maßstab für das Wohnmodell UMAR. Die einzelnen Module wurden im Werk vorfabriziert. Die Innovation liege dabei in den gesteckten Verbindungen, die einfach rückgängig gemacht werden könnten, erklärte Felix Heisel gegenüber der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Da für Tragwerk und Fassade unbehandeltes Holz verwendet wurde, ist eine sortenreine Wiederverwertung möglich. Gleichzeitig wurden wiederverwendete Kupferplatten genutzt, die zuvor das Dach eines Hotels in Österreich deckten.
Alltagserfahrungen in dem Wohnmodul werden von zwei Studierenden, die das Modell bewohnen, an beteiligte Forscher weitergegeben, um mögliche Verbesserungen anzustreben. Ob sich dieses Wohnmodul künftig als Paradebeispiel für nachhaltiges und ressourcenschonendes Bauen etabliert? Hoffen lässt sich in jedem Fall, dass die Wegwerfmentalität endet und die Bauindustrie in Zukunft mehr Verantwortung für das Recycling der Baumaterialien trägt.