Am 7.12.23 kam es endlich zu einer Einigung der Abgeordneten des Europäischen Parlaments bezüglich der Pläne um die umstrittene EU-Gebäude-Richtlinie. Hierbei einigte man sich eine verpflichtende Sanierung für einzelne Wohngebäude auszuschließen. Folgende EU-Vorgaben sind nun für den Gebäudebereich geplant:
- Neubauten ab 2030: Diese sollen emissionsfrei sein.
- Reduzierung des Primärenergieverbrauchs: Bei Wohngebäuden ist bis 2030 eine Senkung um mindestens 16 Prozent und bis 2035 um 20 bis 22 Prozent vorgesehen. EU-Mitgliedstaaten müssen entsprechende Maßnahmen umsetzen.
- Sanierung von Nichtwohngebäuden: Bis 2030 sollen 16 Prozent und bis 2033 26 Prozent der am schlechtesten abschneidenden Gebäude saniert werden.
- Solarpflicht: Bis 2030 sollen schrittweise Solaranlagen in öffentlichen und Nichtwohngebäuden sowie in Neubauten installiert werden, sofern dies technisch und wirtschaftlich sinnvoll ist.
- Ausstieg aus fossilen Heizbrennstoffen bis 2040: Ab 2025 dürfen diese in der EU nicht mehr subventioniert werden. Finanzielle Anreize für Hybridheizungen bleiben möglich.
- Ausnahmen: Diese betreffen landwirtschaftliche, denkmalgeschützte Gebäude und Bauten von besonderem historischem Wert.
Wie geht es weiter?
Die Vereinbarung muss vom EU-Parlament und Europäischen Rat gebilligt werden. Der Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie berät am 23. Januar 2024 darüber. Nach EU-Verabschiedung muss die Richtlinie in deutsches Recht überführt werden.
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11. April. 2023
In der EU wurde eine ehrgeizige Initiative vorangetrieben, die alle EU-Mitgliedstaaten auffordert, Gebäude nachhaltiger und energiesparender zu gestalten. Durch eine Sanierungspflicht droht eine Kostenlawine für viele Immobilien-Eigentümer! Die Anforderungen hierfür waren mehr als ambitioniert: Bis 2050 sollten Gebäude nicht nur klimaneutral sein, sondern Netto-Nullemissionsgebäude werden. Um das zu erreichen, hat das EU-Parlament damals eine Richtlinie zur Sanierungspflicht erlassen, die dazu beitragen soll, dass 14 Millionen Haushalte in der EU, insbesondere alte Wohngebäude, energetisch saniert werden. Als Erstes sollen die schlechtesten Gebäude dran glauben: Bei Wohngebäuden mit den Energieeffizienzklassen F und G sollte besonders schnell mit der Sanierung begonnen werden. Lesen Sie hier mehr über die Hintergründe.
Warum EU-Mindeststandards für mehr Energieeffizienz bei Gebäuden?
In der EU sind Gebäude für rund 40 Prozent des Energieverbrauchs und rund ein Drittel der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Durch die Durchführung von Sanierungsmaßnahmen wie Austausch der Heizung oder bessere Dämmung könnte der Energiebedarf drastisch gesenkt werden und Klimaziele eingehalten werden. Die geplante Gesetzesänderung ist Teil des Klimapakets „Fit for 55“, das zum Ziel, hat die Netto-Treibhausemissionen bis 2030 um mindestens 55 % im Vergleich zum Jahr 1990 zu senken. Bis 2050 will die EU klimaneutral sein. Darüber hinaus sollen EU-Bürger vor hohen Energiepreise geschützt werden, indem der Energieverbrauch der Gebäude gesenkt wird.
Welche Gebäude sind konkret davon betroffen?
Um die energetisch schlechtesten Gebäude zu identifizieren, sieht das Europäische Parlament eine folgende Einteilung der Gebäude in sieben Effizienzklassen vor. Dabei stehen Niedrigemissionsgebäuden (Gebäudeklasse A) den schlechtesten 15 Prozent (Gebäudeklasse G) aus dem nationalen Gebäudebestand gegenüber. Folgende Daten stammen aus einer Auswertung der gemeinnützigen Plattform co2online, die eine mögliche Einteilung nach Verbrauchswerten gemäß dem Gebäudeenergiegesetz veranschaulichen:
Energieeffizienzklasse A+: < 30 kWh/m²a
Energieeffizienzklasse A: 30 bis 50 kWh/m²a (2,3 Mio. Gebäude)
Energieeffizienzklasse B: von 50 bis 75 kWh/m²a (3,1 Mio. Gebäude)
Energieeffizienzklasse C: von 75 bis 100 kWh/m²a (3,3 Mio. Gebäude)
Energieeffizienzklasse D: von 100 bis 130 kWh/m²a (3,1 Mio. Gebäude)
Energieeffizienzklasse E: von 130 bis 160 kWh/m²a (2,5 Mio. Gebäude)
Energieeffizienzklasse F: von 160 bis 200 kWh/m²a (2,1 Mio. Gebäude)
Energieeffizienzklasse G: 200 bis 250 kWh/m²a (2,8 Mio. Gebäude)
Energieeffizienzklasse H: > 250 kWh/m²a
Infolge des EU- Beschlusses müssten also Gebäude mit einem Heizenergieverbrauch ab 160 kWh pro Quadratmeter Wohnfläche und Jahr bis 2030 saniert werden. Das würde insgesamt min. 4,9 Millionen Bestandsgebäude betreffen! Für die Energieffizienzklasse H konnten wir hier leider keine genauen Zahlen finden. Ein Großteil hiervon betrifft besonders unsanierte oder nur teilweise sanierte Gebäude vor 1984. Bis 2030 sollen die betroffenen Wohngebäude mindestens auf Gebäudeklasse E pflichtsaniert werden und bis 2033 sogar bis Gebäudeklasse D. Nichtwohngebäude und öffentliche Gebäude sollen die Energieeffizienzklassen E und D bis 2027 bzw. bis 2030 erreichen.
Ausnahmen für den Sanierungszwang soll es für öffentliche Sozialwohnungen und auch Denkmalgeschützte Gebäude geben. Außerdem sind Ausnahmen für kleine Gebäude unter 50 Quadratmetern geplant und Ferienhäuser, die nur vorübergehend genutzt werden. Weitere Ausnahmen könnten laut EU-Parlament durch die EU-Länder bestimmt werden in Abhängigkeit, ob die Sanierung wirtschaftlich und technisch durchführbar sind oder auch genügend Fachkräfte vorhanden sind.
Bevor die Vorgaben in Kraft treten können, müssen sich die EU-Länder noch auf die genauen Richtlinien und Vorgaben einigen und hier viele Kompromisse finden. Verhandlungen können sich hier noch über mehrere Monate ziehen und Anpassungen sind sehr wahrscheinlich.
Warum ist eine Sanierungspflicht kritisch und welche anderen Vorschläge gibt es?
Um die Sanierung zu finanzieren, möchte die EU Gelder zur Verfügung stellen. Hierbei hat die Kommission angekündigt, bis 2030 bis zu 150 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt bereitzustellen. Laut der Förderbank KfW könnten sich die Kosten für einen klimaneutralen Umbau der Gebäude alleine in Deutschland bereits schätzungsweise bis zu 254 Milliarden Euro betragen. Auf den Kosten bleiben dann die Bürger sitzen, insbesondere diejenigen, die sich schlichtweg eine Sanierung bereits jetzt schon nicht leisten können.
Außerdem weist der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen GdW darauf hin, dass durch die EU-Gebäuderichtlinie bis 2033 45 % der Wohngebäude innerhalb von 9 Jahren saniert werden müssten. Durch den Fachkräftemangel in den Handwerksberufen wäre dies schlichtweg nicht umsetzbar in dieser kurzen Zeit.
Für die Einstufung der Gebäude soll es keine einheitlichen Grenzwerte geben. Die Einstufung soll sich hierbei nach der Relation zum Zustand der Gebäude im jeweiligen Land richten. Eine faire Regelung für alle Länder in der EU wäre das demnach nicht, da ein Gebäude das beispielsweise in Deutschland als Sanierungsfall eingestuft wird, in einem anderen Land immer noch als effizient eingestuft werden könnte.
Auch für Mieter wird das Wohnen bei einer Sanierungspflicht noch teurer! Denn Vermieter dürfen die Kosten für die Sanierungsmaßnahmen teilweise auf die Miete aufschlagen. Die Jahresmiete kann hierbei bis zu 8 % der auf die Wohnung entfallenden Sanierungskosten erhöht werden.
Als einen möglichen Kompromiss sieht Bundesbauministerin Klara Geywitz einen „Quartieransatz“. Hierbei kommt es nicht auf die Treibhausgasemissionen eines einzelnen Gebäudes an, sondern den CO₂-Ausstoß von einem Stadtteil oder auch eines Dorfes. Einen generellen Sanierungszwang für einzelne Gebäude sieht sie nicht als zielführend.
Was kann ich aktiv bei einer Sanierungspflicht tun?
Laut Einschätzungen von Experten reichen in den meisten Fällen ein bis zwei Sanierungsmaßnahmen aus um die Anforderungen der EU-Gebäuderichtlinie zu erfüllen. Durch Wärmedämmung von Dach und Außenwänden oder den Tausch von Fenstern können bereits enorme Wärmeverluste reduziert werden. Somit werden die jeweiligen Betroffenen nicht zu einer Komplettsanierung gezwungen und können Schritt für Schritt ihr Gebäude sanieren.
Der sogenannte iSFP eignet sich besonders für die Schritt-für-Schritt-Sanierung. Beschlossene Maßnahmen in einem Sanierungsfahrplan können innerhalb von 15 Jahren umgesetzt werden, werden staatlich von der BAFA unterstützt und mit Zuschüssen gefördert. Viele der Einzelmaßnahmen werden zusätzlich mit einem Bonus von 5%-Punkten belohnt, sollten diese im Sanierungsfahrplan aufgeführt sein. Die Energieberater von ean50 können die größten Schwachstellen an ihrem Gebäude feststellen und individuelle Maßnahmen an ihre Bedürfnisse ausrichten.